10 Jahre „Zukunft statt Braunkohle“
Forum „Wie geht’s weiter ohne Braunkohle?“
Mit der Verabschiedung des „Erkelenzer Appells“ endete am Samstag die Festveranstaltung zum 10-jährigen Jubiläum des Aktionsbündnis „Zukunft statt Braunkohle“ in Erkelenz. Darin fordern über 50 Verbände und Initiativen den Abschied von der Kohleverstromung unverzüglich einzuleiten.
200 Gäste aus Zivilgesellschaft, Politik, Gewerkschaften und Wissenschaft waren der Einladung in die Stadthalle Erkelenz gefolgt, um die Zukunft der Braunkohle aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.
Anlass des Forums war das 10-Jährige Bestehen des Aktionsbündnis‘ „Zukunft statt Braunkohle“. Am 23. September 2006 erfolgte in Pulheim die große Auftaktveranstaltung des Bündnisses. „Pulheim war der Beginn einer intensiven bundesweiten Vernetzung von Umweltverbänden, Bürgerinitiativen und anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen, die eines eint: Wir wollen den Klimaschutz voranbringen, die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten, Heimat bewahren und dem Land eine zukunftsfähige Perspektive jenseits der Braunkohle eröffnen. Zukunft und Braunkohle, das passt unseres Erachtens nicht zusammen“, so Dirk Jansen in seiner Begrüßung.
Kontroverse um Kohleausstieg
Professor Dr. Peter Hennicke, ehemaliger Präsident des Wuppertal- Instituts und Mitglied des Club of Rome warb in seinem Festvortrag für einen pro-aktiven gestalteten Braunkohle-Ausstieg bis 2030. Daran müssten Gewerkschaften und Landesregierung mitwirken – klima-, sozial- und arbeitsplatzverträglich. Damit könnte eine staatlich voran getriebene ökologische Transformationsstrategie exemplarisch am Beispiel Kohlestandorte entwickelt werden.
IB BCE-Vertreter Manfred Maresch stand mit seiner These „Zukunft mit Braunkohle“ weitgehend allein. „Wir sind nicht gegen die Energiewende, sondern für eine bessere“, betonte Maresch. „Was wir brauchen ist ein Aktionsplan für die gesamte Energiewende, damit die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, tatsächlich aus den fossilen Energieträger auszusteigen.“ Die Braunkohle werde für die nächsten Jahrzehnte noch eine wichtige Rolle für die Beschäftigtenstruktur im Rheinischen Braunkohlerevier spielen.
NRW-Umweltminister Johannes Remmel warb für die „Boom-Region“ Rheinisches Revier, in der der Strukturwandel bereits begonnen habe. „Wer an Strukturen festhält, verschläft Innovation“, erklärte Remmel. „Der Ausstieg aus der Braunkohle muss nicht erkämpft werden, er findet bereits statt.“ Im Übrigen verteidigte er die neue Leitentscheidung der Landesregierung zur Braunkohlenpolitik. Er könne aber nachvollziehen, dass die Umweltverbände und Initiativen einen konsequenteren Kohleausstieg forderten.
BUND-Geschäftsleiter Dirk Jansen stellte heraus, dass die bisherigen Instrumente wie das Landesklimaschutzgesetz NRW und der Klimaschutzplan NRW kaum die notwendige Lenkungswirkung zur Umsetzung der Beschlüsse des Pariser Klimagipfels entfalteten. Die Klimaschutzziele müssten neu justiert werden. Das gelte auch für den Entwurf des Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung. Ohne einen darin verankerten Kohleausstieg werden der Plan zum „zahnlosen Tiger“.
Wie weiter mit dem Widerstand?
Der zweite Teil des Forum widmete sich den Akteuren des Braunkohlenwiderstandes. Nach einer thematischen Einführung von BUND-Energieexpertin Tina Löffelsend erläuterten René Schuster (Grüne Liga), Dorothee Berthold (BI Lützen) und Dorothea Schubert (BUND) den aktuellen Sachstand in den deutschen Braunkohleregionen. Tina Keller als Akteurin von „Ende Gelände“ forderte neue Formen des zivilgesellschaftlichen Widerstandes. Die anschließende Diskussion zeigte, wie heterogen der Widerstand gegen die Braunkohle heute ist. Greenpeace-Vertreter Tim Petzoldt stellte die Divestment-Kampagne vor, Antje Grothus von den „Buirern für Buir“ schilderte den Einsatz für den Erhalt des Hambacher Waldes und Josef Schumacher von der Pulheimer BI „Leben ohne Braunkohle“ blickte auf den Kampf gegen die Kohlekraftwerke zurück.
„Erkelenzer Appell“ für eine Energieversorgung ohne Braunkohle
Zum Abschluss des Forums stellten Stefanie Langkamp und Rosa Pollter von der Klima-Allianz den „Erkelenzer Appell“ vor. Darin fordern 50 Organisationen, Kirchen und Bürgerinitiativen den Großteil der Braunkohle im Boden zu lassen, da die Pariser Klimaziele sonst verfehlt würden. Bis spätestens 2025 müsse die Hälfte der Kohlekraftwerksleistung vom Netz gehen. Neue Braunkohlekraftwerke wie das von RWE im nordrhein-westfälischen Bergheim-Niederaußem geplante, dürften nicht mehr genehmigt werden. Das Bündnis verlangte außerdem, neue Tagebauplanungen wie Nochten II, Welzow Süd II, Jänschwalde Nord oder die Erweiterung des Tagebaus Vereinigtes Schleenhain umgehend zu stoppen. Statt an der Braunkohle festzuhalten, müsse der Strukturwandel jetzt aktiv gestaltet werden. Es brauche einen Zukunftspakt für die Regionen und finanzielle Unterstützung, etwa durch einen Strukturwandelfonds.
Bildergalerie
Fotos von Hubert Perschke
Die Tagungsbeiträge zum Nachlesen:
Dirk Jansen, Aktionsbündnis „Zukunft statt Braunkohle“
BLOCK 1
Wissenschaft, Politik, Gewerkschaften
Prof. Dr. Peter Hennicke, Ehemaliger Präsident des Wuppertal Instituts, Mitglied im Club of Rome
Strukturwandel in den Braunkohleregionen.
Manfred Maresch, Bezirksleiter IG-BCE Alsdorf
Johannes Remmel, Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen
Klimaschutz und Kohlepolitik – Wo stehen wir?
Dirk Jansen, BUND NRW e.V.
Strukturwandel Lausitz: Bilder einer Zukunft für Peitz und Region. Vorstellung der Ausstellung.
Prof. Peter Droege, Liechtenstein Institute for Strategic Development, Präsident EUROSOLAR e.V.
BLOCK 2
Zivilgesellschaft
Braunkohle in Deutschland: Rückt der Ausstieg näher?
Tina Löffelsend, BUND
René Schuster, Grüne Liga
Dorothee Berthold, Bürgerinitiative „Zukunft statt Braunkohle – Region Lützen“
Dorothea Schubert, BUND/Vertreterin der Naturschutzverbände im Braunkohlenausschuss
Impuls 4
Neue Formen zivilgesellschaftlichen Widerstandes
Tina Keller, Ende Gelände